Bildungsziele

Die Kindergärten haben folgende allgemeine Bildungsziele: Achtung vor der Individualität, Ausbildung der Sozialfähigkeit, Veranlagung einer umfassenden Gesundheit, Zeit lassen für nachhaltige Entwicklung, ganzheitliche Bildung und individuelle Förderung, Begleitung des jungen Menschen in die Freiheit im Rahmen eines mit der Schule verbundenen Gesamtbildungsgangs von 0 bis 18 Jahre. 

Achtung vor der Individualität
Waldorfpädagogik sieht in jedem Kind – ungeachtet seiner sozialen, ethnischen oder religiösen Herkunft – eine einmalige, unantastbare Individualität, die schon vor der Geburt und Konzeption existiert hat. Sie bringt aus ihrer Vergangenheit ein ganz persönliches Schicksal in
das jetzige Erdenleben mit, verbunden mit zunächst noch verborgenen und dem Kind selbst nicht bewussten Impulsen für die Zukunft, die erst im späteren Leben nach und nach hervortreten.
Begleitung des jungen Menschen in die Freiheit
Erziehung und Bildung haben die Aufgabe, den jungen Menschen auf seinem Wege der Selbstfindung zu unterstützen, damit er die in ihm liegenden Fähigkeiten und Intentionen entdecken und entfalten kann. In dem Maße, wie er fähig wird, immer mehr in Übereinstimmung mit sich selbst und den eigenen Zielen zu leben, ist er frei. Erziehung und Bildung unterstützen diesen Weg zur Freiheit.
Ausbildung der Sozialfähigkeit
Zugleich möchte Waldorfpädagogik Kinder und Jugendliche mit den Fähigkeiten ausstatten, die notwendig sind, um in der sozialen Gemeinschaft fruchtbar wirken zu können. Respekt für den anderen Menschen, Empathiefähigkeit und demokratisches Bewusstsein gehören ebenso dazu wie, moralische Urteilsfähigkeit, Initiativfreudigkeit und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung. Im Blick auf die multikulturell sich entwickelnde Gesellschaft unserer Zeit sieht Waldorfpädagogik eine wichtige Aufgabe in der Pflege des vorurteilsfreien Interesses für den Menschen mit einem anderen Kulturhintergrund, so dass Offenheit und Verständnis entstehen können.
Veranlagung einer umfassenden Gesundheit
Waldorfpädagogik sieht ein vorrangiges Ziel ihrer Bemühungen in der Förderung und Sicherung einer tragfähigen Gesundheitsbasis, wobei es nicht allein um die Pflege der leiblichen Grundlagen (z.B. durch gesunde Ernährung und genügend Bewegung) geht, sondern auch und
vor allem um die individuelle Durchdringung der gesamten leiblich-seelisch-geistigen Organisation. Gesundheitsförderung im Sinne der Salutogenese wird als eine eminent pädagogische Aufgabe begriffen, weil die Gesundheitsentwicklung des Kindes in hohem Maße
von Faktoren abhängt, die von den Erwachsenen zu verantworten sind: Die materielle und die seelische Umgebung gehören dazu ebenso wie das soziale Verhalten der Pädagogen, ihr methodischer Ansatz, die von ihnen bewirkte Lernatmosphäre usw.

Zeit lassen für nachhaltige Entwicklung
Jedes pädagogische Handeln steht in unmittelbarer Verantwortung für die langfristige Entwicklung des heranwachsenden Menschen über sein ganzes Leben hin. Denn in der Kindergarten- und Schulzeit werden die Grundlagen gelegt für Gesundheit oder Krankheit, Leistungsstärke oder Leistungsschwäche im späteren Leben. Waldorfpädagogik bemüht sich deshalb, alle Kräfte des jungen Menschen – von den leiblichen bis hin zu den intellektuellen und sozialen Fähigkeiten – zu fördern, um so das Fundament für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit zu legen. Nachhaltig ist ihr Anliegen, nicht Schnelligkeit. Jedem Kind muss die Entwicklungszeit eingeräumt werden, die es für seine individuelle Entwicklung braucht.

Ganzheitliche Bildung und individuelle Förderung
Um sicherzustellen, dass der heranwachsende junge Mensch im späteren Leben möglichst uneingeschränkt seine individuellen Impulse und Fähigkeiten entfalten kann, vermeidet Waldorfpädagogik jede vorzeitige Spezialisierung, sondern setzt auf eine ganzheitliche, breite Förderung der Fähigkeiten, die jedem Kind die Möglichkeit gibt, sich gemäß seinen individuellen Anlagen zu entwickeln. Die Pädagogen werden dabei unterstützt von Ärzten und Therapeuten und streben eine möglichst enge Zusammenarbeit mit den Eltern oder Erziehungsberechtigten an.
Gesamtbildungsgang von 0 bis 18
Waldorfpädagogik sieht die Notwendigkeit, Bildung und Erziehung als einen durchgehenden Prozess zu verstehen, der bereits mit der Geburt beginnt und erst mit dem Erreichen der Mündigkeit sein Ende findet. Es ist daher ihr Bestreben, die Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule zu verstärken und bis in die organisatorischen Strukturen hinein einen Gesamtbildungsgang von 0 bis 18 Jahren zu konzipieren.